Informative Ortsbeiratssitzung vor vollem Haus

Ortsvorsteher Urban Egert und seine politischen Mitstreiter waren sich im Vorfeld der ersten Ortsbeiratssitzung des neuen Jahres bewusst, dass sie vor großem Haus tagen werden. Schließlich stand die zukünftige Nutzung des „SportPoint“ in der Stielstraße 17 auf der Tagesordnung und überdies  war in Schierstein bekannt, dass  die seit 16 Jahren in der Schwalbacher Straße 75 in Wiesbaden beheimatete  Badr Moschee ihren Umzug eben in dieses Anwesen plant.

Die Einschätzung erfüllte sich. Dem Rathaus gingen am Mittwochabend die Stühle aus, der relativ kleine Sitzungssaal mit 15 Ortsbeiratsmitgliedern und rund  60 Bürgerinnen und Bürgern proppenvoll.

Und das war gut so:  Denn zum einen konnte der neue Eigentümer des Gebäudes, der Marokkanische  Verein für die Förderung des Geistigen und Kulturellen Gutes in Wiesbaden, sich selbst und seine Pläne für die Stielstraße 17 vorstellen.  Zum anderen nahmen  die Bürgerinnen und Bürger die Gelegenheit wahr, sich mit gezielten Fragen zu informieren  und ihre Bedenken vorzutragen.  Bei sämtlichen Wortmeldungen wurde die Moschee nie in Frage gestellt, die Bedenken gingen alle in Richtung  Verkehr,  Parkplätze  und  Lärm.

Den  Ausführungen des Vorstandes  war zu entnehmen, dass das Gebäude  selbst  in der  jetzigen Außenform erhalten bleibt und nur der Innenbereich nach den Bedürfnissen des Vereins beziehungsweise der Gemeinde umgebaut wird.  Ein Minarett  von dem der Muezzin die Gläubigen zum Gebet ruft, wird es nicht geben.  „Unsere Gemeindemitglieder würden es eh nicht hören, die wohnen ja nicht im Umfeld der Moschee und „Glyco“ zum Gebet rufen macht wenig Sinn“,  stellte ein Vorstandsmitglied lächelnd fest.

Auch vor Festivitäten mit lauter Musik und   „Tohuwabohu“  nach Veranstaltungsschluss, wie dies sehr oft  in den Bürgerhäusern vorkommt, müssen sich die Nachbarn nicht fürchten, versichern die Verantwortlichen.  Und ein wildes  Zuparken des Gebietes rund um die Moschee drohe auch nicht, da  44 Parkplätze zur Verfügung stehen und die älteren Gläubigen überwiegend mit dem Bus zur Moschee kommen.

Des Weiteren wird berichtet, dass das Freitagsgebet das wichtigste Gebet der gesamten Woche ist und folglich an diesem Wochentag  und natürlich während des  Fastenmonats Ramadan die Besucherzahl in der Moschee am höchsten sein wird. Besucherzahlen, die aber auch in der Zukunft  überschaubar sein werden,  wie man aus der 16-jährigen Gemeindearbeit in Wiesbaden ableiten kann.

Neben dem Gebetsraum (Moschee) wird es in dem neuen Gemeindezentrum auch Räumlichkeiten für Kinder-, Jugend- und Seniorenarbeit geben. Ein Schwerpunkt der Vereinsarbeit wird die Vermittlung der arabischen Sprache an Kinder im Alter von 8 bis 16 Jahren sein.  An diesem Unterricht, der  samstags und sonntags zwischen 11 und 13 Uhr angeboten wird, werden ungefähr  60 Schülerinnen und Schüler teilnehmen.

Und wenn ein alter Schiersteiner nach 90-minütiger Aussprache das Fazit zieht, „dass das doch alles halb so schlimm sei und man sollte jetzt erst einmal abwarten“, dann  ist damit eigentlich alles gesagt!

Natürlich war zu spüren, dass nicht alle aus dem Wohngebiet „Kremberg“ gekommenen Bürgerinnen und Bürger, ihre  Skepsis gegenüber der neuen Nutzung  ablegen konnten und weiterhin ihre Bedenken haben; sie konnten allerdings den Heimweg antreten mit der Zuversicht, dass der neue Eigentümer sich um ein gutes Miteinander bemühen wird. Diesen Eindruck haben die Vereinsvertreter in der Ortsbeiratssitzung hinterlassen und  den Ortsbeirat sowie die Nachbarschaft    auch schon zu einer Besichtigung des Gebäudes eingeladen.  Wenn sich die Vorstellungen des Vereins verwirklichen, soll die Übernahme des Gebäudes Ende Februar erfolgen.

Noch gehen die Sportler im Sportpoint ein und aus und der Betreiber  –  so hört man – würde derzeit noch nicht an einen Auszug denken!

Abdellah Amrouch, Migrationsbeauftragter des Polizeipräsidiums Westhessen, konnte  im Rahmen der Ortsbeiratssitzung aus seiner Erfahrung berichten und mit seinen Redebeiträgen manche Befürchtungen zerstreuen. PlusPunktSchierstein  sprach nach der Sitzung mit dem Migrationsbeauftragten:

plusPunktSchierstein (pps):
Herr Amrouch, seit wann gibt es beim Polizeipräsidium Westhessen einen Migrationsbeauftragten  und was sind die Aufgaben eines Migrationsbeauftragten?

Abdellah Amrouch:
Migrationsbeauftragte gibt es bei der hessischen Polizei seit November 1993. Zu Beginn waren im Polizeipräsidium (PP) Frankfurt vier und im PP Offenbach zwei  Migrationsbeauftragte tätig. Ich selbst übe diese Tätigkeit seit Anfang 1994 aus, zunächst in Frankfurt, dann ab 2001 im Polizeipräsidium Westhessen. Seit Mai 2011 bin ich in der Polizeidirektion Wiesbaden ausschließlich für Wiesbaden und Umgebung zuständig.

Zu meinen Hauptaufgaben gehört es vorrangig, die Polizeibeamten bei Integrationsfragen zu beraten und zu unterstützen. Oft stehen die Beamten  vor Problemen,  die man „polizeirechtlich“ nicht lösen kann. Dann bin ich gefragt!  Ich kann vermitteln und manches Problem „auf dem kleinen Dienstweg“ regeln. Ich habe mir ein großes Netzwerk aufgebaut, habe Kontakte zu den Vereinen, zu den Imams, Schulen, städtischen Ämtern, Ausländerbeirat und vielen anderen Institutionen. Meine Arbeit ist auch ein Stück Sozialarbeit. Ich helfe wo ich kann, ohne meinen polizeidienstlichen Auftrag zu vernachlässigen.

plusPunktSchierstein:
In der Sitzung des Schiersteiner Ortsbeirates stellte  der Marokkanische  Verein für die Förderung des Geistigen und Kulturellen Gutes in Wiesbaden  die Pläne für ihr neues Gemeindezentrum inklusive Moschee  in Schierstein vor.  Das Interesse am Thema war groß, viele Bürgerinnen und Bürger nahmen an der Sitzung teil und stellten kritische Fragen.  Waren Sie mit dem Verlauf, besser gesagt:  mit dem inhaltlichen Meinungsaustausch zufrieden?   

Abdellah Amrouch:
Ja, ich bin wirklich sehr zufrieden mit dem Verlauf der Ortsbeiratssitzung. Alle Fragen, die gestellt wurden waren berechtigt und ich kann versichern, dass die von den Bürgerinnen und Bürgern vorgetragenen Bedenken  ernst genommen werden!

plusPunktSchierstein:
Gegen die Errichtung der Moschee selbst hat sich in der Sitzung niemand ausgesprochen, lediglich Bedenken hinsichtlich Verkehr, Parkplätzen und Lärm wurden vorgetragen.  Bedenken, die eigentlich ganz normal sind und bei fast allen Bauprojekten vorgetragen werden. Das ist doch schon ein Stück Normalität und muss uns, insbesondere aber ein Migrationsbeauftragten freuen.  

Abdellah Amrouch:
Und ob mich das freut; das ist wirklich ein Stück Normalität. Und ganz wichtig ist es, dass man im Vorfeld das Gespräch mit den Bürgern sucht. Viele Bedenken und teilweise auch Ängste können ausgeräumt werden. Deshalb war der Dialog mit dem Ortsbeirat und den Bürgern sehr wichtig!

plusPunktSchierstein:
Die Badr Moschee ist seit über 16 Jahren in der Schwalbacher Straße 75 in relativ kleinen Räumlichkeiten zu Hause. Das neue Gemeindezentrum in Schierstein wird um ein vielfaches größer sein.  Frage: ist das Anwesen Stielstraße 17 für eine 150 Mitglieder zählende Gemeinde nicht eine Nummer zu groß?

Abdellah Amrouch:
Diese Fragen müssen Sie an den Vorstand des Marokkanischen  Vereins für die Förderung des Geistigen und Kulturellen Gutes in Wiesbaden richten. Aus meiner Sicht kann ich nur sagen, dass die jetzige Moschee in der Schwalbacher Straße zu klein und sehr alt ist und sich viele Moscheebesucher dort schon lange nicht mehr wohl fühlen und sich nach schönen, großen Räumen  sehnen.

plusPunktSchierstein:
Herzlichen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg für Ihre Arbeit als Migrationsbeauftragter.

Ortsbeiratssitzung zweiter Teil:
Nach Abschluss des Beratungspunktes „Stielstraße 17“ reduzierte sich die Zuhörerschaft wieder auf das normale Maß, die „Kremberger“ machten sich auf den Heimweg.  Arg viel haben die „Sitzungsflüchtlinge“ nicht mehr versäumt, denn die noch auf der Tagesordnung stehenden Punkte waren in 30 Minuten abgehandelt.

Dabei wurden folgende Beschlüsse auf den Weg gebracht:

  • Wiederaufstellung eines Hinweisschildes  auf der Nordseite des Bahnübergangs in der Freudenbergstraße, das die Autofahrer bei geschlossener Schranke animieren soll,  „ihren“ Motor abzustellen. (Bündnis 90/Die Grünen)
  • Anforderung eines Berichtes, in welchem Rahmen es auch zukünftig möglich ist, im Stadtteil eigene Ideen für Hinweis- und Werbeschilder auf öffentlichem Grund umzusetzen. (Bündnis 90/Die Grünen)
  • Anforderung eines Berichtes, wann endlich mit der Erweiterung des Regionalparks nach Schierstein zu rechnen ist. Dabei geht es dem Ortsbeirat neben der Vorstellung eines Gesamtkonzeptes auch um Termine für die Umsetzung verschiedener Beschlüsse oder Ideen, wie zum Beispiel die Herrichtung des südlichen Hafenrundwegs mit einer wassergebundenen Decke. (Bündnis 90/Die Grünen)

Des Weiteren fand der Vorschlag der SPD-Fraktion die Zustimmung aller Ortsbeiratsmitglieder, Bund und Land in einem gemeinsamen Brief des Ortsbeirates nochmals die Lärmschutzproblematik Schiersteiner Rheinbrücke aufzuzeigen und um Lösung im Sinne der vom Lärm betroffenen Bürgerinnen und Bürger zu bitten.

Für das Verlangen der CDU-Fraktion, langfristig um den gesamten Hafen einen Promenadenweg zu führen, der durchgehend beleuchtet sein soll und auch zum Bummeln „in Theaterkleidung und  mit Stöckelschuhen“  einlädt,  fand sich keine Mehrheit.  Lediglich die fünf  Mandatsträger der CDU waren von dem Antrag angetan.

Einmütigkeit dann wieder am Ende Sitzung bei der Bewilligung von Zuschüssen aus den Verfügungsmittel des Ortsbeirates.

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