Christoph Adam entdeckte „sein Schierstein“ in Yad Vashem

Christoph Adam, Sohn von Lothar Adam, dem Gemeindepfarrer der Schiersteiner Christophoruskirche von 1952 bis 1978, lebt in Gau-Bischofsheim und erinnert sich oft und gerne an seine Zeit in Schierstein. Nach einem Besuch  der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem schickte er plusPunktSchierstein nachfolgende Gedanken, die wir gerne veröffentlichen:

„Nein, damit hatte ich wirklich  nicht gerechnet bei meinem Besuch in Yad Vashem, der israelischen Holocaust-Gedenkstätte  in Jerusalem. Dass ich mit einem Male 50 Jahre zurückgeworfen werde in meine Schiersteiner Jugendjahre . Ausgerechnet hier. Hier, wo jedes Jahr Zehntausende aus aller Welt der Ungeheuerlichkeiten gedenken, welche Deutsche den Juden angetan haben. Und hier werde ich daran erinnert: Auch an den Juden in  Schierstein. Das liest hier alle Welt.

Ich war bereits zweimal in Israel gewesen, bevor ich in diesem  Herbst nach Yad Vashem kam, aber damals gab es die Gedenkstätte noch nicht. Auch nicht das dazu gehörende sogenannte „Tal der Gemeinden“ ,  eine labyrinth-artige Ansammlung von  sandfarbenen , großen Quadersteinen, die zu zehnmeterhohen Mauern aufgeschichtet sind. Auf jedem dieser Quadersteine steht  ein Ortsname. Der Name jenes Ortes, in welchem es einmal mindestens   50 Juden gegeben hatte. Die dann in die Vernichtungslager kamen.

Und da stand es, in Augenhöhe, in fast 50 Zentimeter  großer Schrift in den Sandstein eingemeißelt

S C H I E R S T E I N

Ich war wie vom Blitz getroffen aber es gab keinen Zweifel, es war „mein“  Schierstein, das da steht  denn daneben steht   BIEBRICH und etwas höher IDSTEIN , die Ortsnamen sind nach Regionen geordnet.

Kaum war mir  klar, dass dies „mein“ Schierstein war,  da purzelten die Erinnerungen durch meinen Kopf, 50 Jahre zurück in das Schierstein meiner Jugendjahre. Ich war damals wohl 16 oder 17 und Vorsitzender des Ortsjugendringes. An uns jungen Leuten  in den Schiersteiner Vereinen  war nicht spurlos vorübergegangen, was wir in der Schule  zur NS-Zeit gehört oder gar gelernt  hatten und so wurde die Idee geboren, die alte  Ruine der einmal abgefackelten Schiersteiner Synagoge in der Bernhard-Schwarz-Straße zu einer Gedenkstätte umzuwandeln. Wir sprachen Verantwortliche an, schrieben Briefe, sagten Eigenhilfe zu. Unterstützt wurden wir von meinem Vater, dem Pfarrer, der in der ihm eigenen Entschiedenheit dafür sorgte, dass wir von der Ortsverwaltung und der Stadt Wiesbaden ernst genommen wurden.

Gedenkstätte in der Bernhard-Schwarz-Straße

Und so geschah es, dass Schierstein nur einige Monate später  eine Gedenkstätte erhielt, mit der noch erhaltenen Rosette in der Mitte, als Mahnmal an die Vertreibung und Tötung von – wie ich nun nach meinem Besuch in Yad Vashem weiß – mindestens 50 Juden. Zur Einweihung kamen viele Menschen, vor allem viele junge Leute und wenn ich mich recht erinnere, hielt neben mir als Vertreter der Schiersteiner Jugend der  legendäre Oberbürgermeister Georg Buch die Einweihungsrede.

Und jetzt? Was machst Du jetzt? Fragte ich mich vor der Inschrift SCHIERSTEIN in Yad Vashem. Ich nahm mir vor, jetzt doch öfter einmal zur Synagoge zu gehen, vielleicht eine Blume hinzulegen oder Unkraut  zu rupfen. Und ich nahm mir vor, diese Zeilen zu schreiben und damit vielleicht einen Anstoß zu geben, dass  der eine oder andere Schiersteiner dies ebenfalls tut.“

Kurz notiert – Veranstaltungshinweis

„Sauberkeit und Ordnung“ ist das Thema des nächsten Dämmerschoppens der Schiersteiner CDU. Bei dieser Veranstaltung am  27. November um 19:00 Uhr im Yachtcafe Goethe wird Stadträtin Birgit Zeimetz anwesend sein.

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